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Averroes als Arzt: intellektuelle und soziale Kontexte der Medizin in al-Andalus

Der Fortsetzungsantrag für dieses Projekt war erfolgreich, das Forschungsvorhaben wird für weitere drei Jahre von der DFG gefördert.
Bei der Frage nach der Bedeutung der Medizin im höfischen Kontext des zwölften Jahrhunderts in Andalusien bieten sich die Person und das Werk des Averroes zu einer Untersuchung an, da dieser Autor alles in allem breit überliefert und auch sonst gut zu situieren ist. Dabei werden sich Erkenntnisse zur Medizin im almohadischen Kontext wie auch zu Funktionsweise und Interessen des almohadischen Hofwesens ergeben, denn medizinische Tätigkeit, die sich literarisch niedergeschlagen hat, hatte offenbar einen öffentlichen Einfluss, über den man bislang jedoch nichts Genaues weiß.
Das Potential solcher Untersuchungen liegt in den Möglichkeiten begründet, nicht nur die Kenntnisse über Averroes durch die Bearbeitung seines medizinischen Werks zu erweitern, sondern auch diese Befunde in einen weiteren Rahmen zu stellen. Eine Einbettung der Geschichte der Wissenschaften in der islamischen Welt in soziale Kontexte ist notwendig, um Verbindungen biographischer und wissenschaftstheoretischer Natur zwischen verschiedenen Akteuren aufzuzeigen. Dies wird besonders deutlich bei der Betrachtung von Averroes’ Werk, denn über die Leserschaft seiner theoretischen Texte, das heißt, seines philosophischen Schrifttums, weiß man trotz intensivster Forschungen nur sehr wenig – wohl auch, weil diese Texte zu ihrem Entstehungszeitpunkt von nur begrenztem Einfluss waren.
Ergebnisse versprechen vor allem zwei Zugänge: Zum einen die Klärung und Identifizierung des medizinischen Schrifttums des Averroes in seiner je nach Werk arabischen, hebräischen und/oder lateinischen Tradition, zum anderen Untersuchungen zur Einbettung seiner medizinischen Abhandlungen in den höfischen Kontext, in dem ganz offensichtlich der Medizin eine sehr spezielle Rolle zukam.
Lag in der ersten Förderperiode der Schwerpunkt auf den Kommentaren des Averroes zum Werk des Galen, wird bei den nun anstehenden Untersuchungen dem Kommentar des Averroes zum medizinischen Lehrgedicht des Avicenna eine zentrale Rolle zukommen. Die kodikologischen und inhaltlichen Untersuchungen dazu sind in den allgemeinen Rahmen der in Andalusien besonders populären literarisch-didaktischen Form der Lehrgedichte medizinischen Inhalts zu verorten, wie sie im Umfeld der intellektuellen Diskurse am Almohadenhof abgefasst wurden.
Ein Interview des Wissenschaftsportals L.I.S.A mit Raphaela Veit und Carsten Schliwski vom 07.05.2024 können Sie hier nachlesen.

Projektleitung: Raphaela Veit
Wissenschaftlicher Mitarbeiter: Carsten Schliwski
Förderung: DFG